Jahressteuergesetz 2022: Das Wichtigste aus dem Entwurf der Bundesregierung

Der Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz (JStG) 2022 beinhaltet unter anderem Neuerungen für den Abzug von Aufwendungen für Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung. Zudem ist vor allem auf eine Freistellung von der Einkommen- und Umsatzsteuer bei Photovoltaik-Kleinanlagen sowie höhere Steuerlasten durch die Neuberechnung der Grundbesitzwerte hinzuweisen.

Deutliche Erhöhung von Grundbesitzwerten bei der Übertragung von Grundstücken

Der Gesetzgeber plant die Modifizierung wesentlicher Parameter, die bei der Bewertung von Gebäuden nach dem Ertragswertverfahren und nach dem Sachwertverfahren verwendet werden.

Folgende wesentliche Änderungen im Ertragswertverfahren sind derzeit angedacht:

  • Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Gebäuden
  • Minderung der pauschalen Liegenschaftszinssätze, was zu einer Erhöhung der Kapitalisierungsfaktoren führt
  • Senkung der pauschal abzugsfähigen Bewirtschaftungskosten bei der Berechnung des Gebäuderohertrages

Folgende wesentliche Änderungen des Sachwertverfahrens sind derzeit angedacht:

  • Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Gebäuden
  • Einführung von Regionalfaktoren zum Baukostenniveau
  • Deutliche Erhöhung der Wertzahlen um ca. 30-40 %

Dies führt im Ergebnis aufgrund der teilweise deutlich höheren Grundstückswerte zu einem zeitnahen Handlungsbedarf noch in 2022 und die bereits geplante Übertragung eines bebauten Grundstücks sollte daher rechtzeitig vorgenommen werden, soweit dem keine außersteuerlichen Gründe entgegenstehen.  

Kleine Photovoltaikanlagen

Bei Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW gewährt die Finanzverwaltung seit geraumer Zeit ein Wahlrecht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag des Steuerpflichtigen).

Dieses Wahlrecht soll nun durch eine gesetzliche Steuerbefreiung ersetzt werden. Diese soll – unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage – für Einnahmen und Entnahmen gelten, die nach dem 31. Dezember 2022 erzielt oder getätigt werden.

Vereinfacht soll eine Steuerbefreiung eingeführt werden für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung (laut Marktstammdatenregister)

  • von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien beziehungsweise
  • 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (zum Beispiel Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien).

Auch umsatzsteuerliche Aspekte sollen im JStG 2022 geregelt werden: Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll zukünftig ein Nullsteuersatz gelten,

  • soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und
  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.

Sofern Betreiber von Photovoltaikanlagen bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, erübrigen sich auch die Fragen zum Vorsteuerabzug.

Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung

Der Abzug von Aufwendungen für Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung soll ab 2023 neu geregelt werden. Vor allem die Gesetzesbegründung liefert hierzu folgende Details:

Häusliche Wohnung

Nach der Gesetzesbegründung hat sich die infolge der Coronapandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale als vereinfachende Regelung für Sachverhalte bewährt, in denen kein dem Typusbegriff entsprechendes häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht, sondern zum Beispiel nur eine „Arbeitsecke“.

Für alle Fälle der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung soll (weiterhin) ein Abzug in Form einer Tagespauschale von 5 Euro gewährt werden. Der jährliche Höchstbetrag soll um 400 Euro auf 1.000 Euro (= 200 Tage)erhöht werden.

Merke: Erfüllen Steuerpflichtige die Voraussetzungen für den Abzug tatsächlicher Kosten oder für den Abzug der Jahrespauschale für ein häusliches Arbeitszimmer, können sie zwischen diesen Abzügen und dem Abzug der Tagespauschale wählen. Ein Abzug von tatsächlichen Kosten, Jahres- oder Tagespauschale nebeneinander ist allerdings nicht zulässig.

Der Betrag von 5 Euro gilt für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und die erste Tätigkeitsstättenicht aufgesucht wird.

Häusliches Arbeitszimmer

Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten überwiegend büromäßiger Art dient. Bisher sind Aufwendungen (zum Beispiel Miete und Strom) wie folgt abzugsfähig:

  • Bis zu 1.250 Euro jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
  • ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Steuerpflichtige, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen und denen dauerhaftkein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können ihre Aufwendungen weiterhin als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. Der Höchstbetrag von 1.250 Euro soll in einen Pauschbetrag in gleicher Höhe umgewandelt werden. Diese Jahrespauschale soll für die gesamte Betätigung gewährt werden.

Üben Steuerpflichtige verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus und sind die Voraussetzungen für die Jahrespauschale jeweils erfüllt, ist die Pauschale auf die Tätigkeiten aufzuteilen (keine Vervielfachung). Zudem ist die Jahrespauschale raumbezogen anzuwenden (keine personenbezogene Vervielfältigung).

Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, soll ein vollständiger Abzug der Kosten nicht mehr möglich sein (Verschärfung), soweit

  • ein anderer Arbeitsplatz für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten Betätigungen dauerhaft zur Verfügung steht und
  • die Nutzung des Arbeitszimmers zur Betätigungsausübung nicht erforderlich ist (entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).

Muss die Tätigkeit nur tageweise in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden, weil den Steuerpflichtigen an den übrigen Arbeitstagen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kommt ein Abzug der Aufwendungen nur über die Tagespauschale bei einer häuslichen Wohnung in Betracht.

In „Mittelpunktsfällen ohne anderen Arbeitsplatz“ sollen die Steuerpflichtigen zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und der Jahrespauschale (1.250 Euro) wählen können.

Weitere Aspekte

Die lineare Gebäude-Abschreibung soll für neue Wohngebäude, die nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellt werden, auf 3 % erhöht werden. Die Regelung, wonach die Abschreibung in Ausnahmefällen nach einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden kann, soll gestrichen werden.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Sparer-Pauschbetrag abzuziehen. Dieser Pauschbetrag soll ab 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro erhöht werden (bei Ehegatten von 1.602 Euro auf 2.000 Euro).

Der bisher ab 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen soll auf 2023 vorgezogen werden. Damit erhöhen sich die abzugsfähigen Aufwendungen in 2023 um 4 % und in 2024 um 2 %.

Der Ausbildungsfreibetrag soll 2023 von derzeit 924 Euro auf 1.200 Euro angehoben werden. Er wird gewährt, wenn ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf Kindergeld oder auf einen -freibetrag besteht, sich in einer Berufsausbildung befindet und auswärtig untergebracht ist.

In unserem Webinar „Steueränderungen zum Jahreswechsel 2022/2023“ am 1. und 7. Dezember 2022 werden wir über weitere praxisrelevante gesetzliche Änderungen im Steuerrecht informieren und die aktuelle Rechtsprechung sowie aktuelle Verwaltungsanweisungen vorstellen.

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Ausgabe 11/2022