Steueroasen-Abwehrgesetz: Gesteigerte Mitwirkungspflicht nach § 12 StAbwG
Warum das Thema jetzt relevant ist
Mit dem seit 2021 geltenden Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) will der Gesetzgeber Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung im Zusammenhang mit sogenannten nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten wirksam bekämpfen.
Grundlage ist die regelmäßig aktualisierte EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke („EU-Blacklist“).
Aktuell (Stand 2025) umfasst diese Liste unter anderem Russland, Panama, Trinidad & Tobago, Vanuatu, Palau und Samoa. Gerade mit Russland unterhalten weiterhin zahlreiche deutsche Unternehmen wirtschaftliche Beziehungen.
Das StAbwG enthält mehrere Abwehrmaßnahmen, um steuerliche Vorteile aus Geschäften mit diesen Staaten zu verhindern – etwa:
- das Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs (§ 8 StAbwG),
- eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG),
- Quellensteuermaßnahmen (§ 10 StAbwG),
- die Versagung von Steuerbefreiungen für Dividenden und Veräußerungsgewinne (§ 11 StAbwG) sowie
- gesteigerte Mitwirkungspflichten (§ 12 StAbwG).
Da die gesteigerte Mitwirkungspflicht für viele Unternehmen erstmals in diesem Jahr besonders relevant wird, konzentriert sich dieser Beitrag ausschließlich auf diesen Aspekt.
Ab wann gelten die Pflichten?
Die Anwendung hängt davon ab, wann ein Land auf die EU-Blacklist gesetzt wurde.
Für Staaten, die bereits 2023 aufgenommen wurden – wie etwa Russland – gilt die gesteigerte Mitwirkungspflicht ab dem 1. Januar 2024. Die erforderliche Dokumentation ist somit erstmals bis spätestens 31. Dezember 2025 einzureichen.
Was Unternehmen jetzt beachten müssen
Die Mitwirkungspflichten nach § 12 StAbwG gehen deutlich über die allgemeinen Anforderungen des § 90 AO hinaus. Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen zu nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten unterhalten, müssen eine umfassende Dokumentation ihrer Transaktionen und Strukturen sicherstellen.
Wichtig: Die gesteigerte Mitwirkungspflicht betrifft nicht nur konzerninterne Transaktionen, sondern alle Geschäftsbeziehungen – also auch solche mit unabhängigen Dritten.
Sie greift zudem nur dann, wenn eine der Maßnahmen nach §§ 8-11 StAbwG zur Anwendung kommt (siehe oben).
Kerninhalte der Dokumentationspflicht
Unternehmen müssen unter anderem folgende Informationen bereitstellen:
- Darstellung sämtlicher Geschäftsbeziehungen,
- Offenlegung von Verträgen und Vereinbarungen,
- Auflistung genutzter oder überlassener immaterieller Werte (zum Beispiel Marken, Patente),
- Darstellung wesentlicher Vermögenswerte und der gewählten Geschäftsstrategie,
- Angabe der Gesellschafterstruktur – insbesondere der in den betroffenen Staaten ansässigen natürlichen Personen,
- Beschreibung der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse.
Die Dokumentation ist innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Geschäftsjahres zu erstellen (zum Beispiel für 2024 bis spätestens 31. Dezember 2025). Sie ist an das zuständige Finanzamt zu übermitteln, bei Unternehmen mit Umsatz über 750 Mio. Euro zusätzlich elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Das StAbwG führt zu erhöhten Compliance-Anforderungen, insbesondere für international tätige mittelständische Unternehmen.
In der Praxis bedeutet das:
- Erhöhter Dokumentationsaufwand: Unternehmen müssen detaillierte Aufzeichnungen über ihre Geschäftsbeziehungen und Zahlungsflüsse führen.
- Sanktionen: Bei einem nicht entschuldbaren oder nicht nur geringfügigen Verletzen der gesteigerten Mitwirkungspflichten können Zuschläge gemäß § 162 Abs. 4 AO erhoben werden.
- Erhöhter Abstimmungsbedarf innerhalb des Unternehmens: Die Umsetzung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Buchhaltung, Steuerabteilung und gegebenenfalls Rechtsabteilung, um alle relevanten Informationen vollständig und fristgerecht bereitzustellen.
Empfohlene Schritte
Damit Sie rechtzeitig vorbereitet sind, empfehlen wir:
- Prüfen Sie, ob Geschäftsvorfälle im Sinne der §§ 8-11 StAbwG vorliegen, insbesondere mit Bezug zu Staaten der EU-Blacklist.
- Erstellen Sie einen StAbwG-Report über alle relevanten Transaktionen und Beteiligungen (erstmals für 2024 bis 31. Dezember 2025).
- Implementieren Sie interne Kontrollsysteme zur Einhaltung der Dokumentationspflichten.
- Überprüfen Sie bestehende Vertragsstrukturen auf steuerliche Risiken – insbesondere bei Finanzierungen, Lizenzverträgen und Dienstleistungsbeziehungen.
- Suchen Sie frühzeitig den Austausch mit Ihrem Steuerberater, um Unsicherheiten zu vermeiden.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung der Anforderungen und bei der fristgerechten Erstellung der erforderlichen Dokumentation nach § 12 StAbwG.
Sprechen Sie uns an – wir begleiten Sie bei der praktischen Umsetzung.
RWTkompakt Ausgabe November 2025