Betriebsprüfung: Neue Sanktionsmöglichkeiten bei unzureichender Mitwirkung
Während einige steuerliche Betriebsprüfungen zügig abgeschlossen sind, ziehen sich andere Verfahren über Monate oder sogar Jahre hin. Um den Prüfungsverlauf zu beschleunigen, hat der Gesetzgeber nun verschiedene gesetzliche Neuerungen eingeführt.
Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen
Um Verzögerungen durch unzureichende oder fehlende Mitwirkung seitens des Steuerpflichtigen entgegenzuwirken, wurde der neue § 200a Abs. 1 Abgabenordnung (AO) geschaffen. Dieser sieht ein sogenanntes qualifiziertes Mitwirkungsverlangen vor, das auf den allgemeinen Mitwirkungspflichten gemäß § 200 AO aufbaut. Dazu gehören unter anderem die Erteilung von Auskünften, die Vorlage von Aufzeichnungen, Geschäftspapieren oder anderen Unterlagen sowie ergänzende Erläuterungen.
Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist eine Ermessensentscheidung des Prüfers und darf frühestens sechs Monate nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ausgesprochen werden. Es muss schriftlich oder elektronisch erfolgen und eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten.
Beachten Sie: Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, die verlangten Unterlagen oder Auskünfte innerhalb eines Monats bereitzustellen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden. Der Erhalt eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens sollte als deutliches Warnsignal verstanden werden: Die Finanzverwaltung sieht hier eine unzureichende Kooperation im Rahmen der Prüfung.
Mitwirkungsverzögerungsgeld
Wird das qualifizierte Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nur unzureichend erfüllt, kann das Finanzamt ein Mitwirkungsverzögerungsgeld verhängen (§ 200a Abs. 2 AO). Dieses ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Verzögerung entschuldbar erscheint.
Beachten Sie: Für jeden vollen Tag der Verzögerung, also ab dem Tag nach Fristablauf, werden 75 Euro fällig. Maßgeblich ist der Zeitraum bis zur tatsächlichen Erfüllung des Mitwirkungsverlangens, maximal jedoch bis zur Schlussbesprechung. Nach dieser ist eine Mitwirkung nicht mehr erforderlich.
Die Höchstgrenze liegt bei 150 Tagen, sodass das Mitwirkungsverzögerungsgeld maximal 11.250 Euro betragen kann (150 Tage × 75 Euro).
Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld
In bestimmten Fällen kann zusätzlich zum Verzögerungsgeld ein Zuschlag erhoben werden (§ 200a Abs. 3 AO). Dies liegt im Ermessen des Prüfers und kommt dann in Betracht, wenn:
- bereits innerhalb der letzten fünf Jahre ein Mitwirkungsverzögerungsgeld gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt wurde und zu erwarten ist, dass ohne Zuschlag keine Mitwirkung erfolgt oder
- die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens vermuten lässt, dass ein Zuschlag notwendig ist. Dies gilt insbesondere, wenn die Umsatzerlöse in einem der geprüften Jahre mindestens 12 Mio. Euro betragen oder sich bei Konzernen auf mindestens 120 Mio. Euro belaufen.
Die Höhe des Zuschlags ist ebenfalls in das Ermessen des Prüfers gelegt und kann bis zu 25.000 Euro pro vollem Tag der Verzögerung betragen – begrenzt auf 150 Tage. Daraus ergibt sich ein mögliches Maximum von 3,75 Mio. Euro.
Teilabschlussbescheid und Inkrafttreten
Ein weiterer Baustein zur Beschleunigung von Betriebsprüfungen ist der neue Teilabschlussbescheid. In der Praxis verzögert sich der Abschluss häufig durch einen einzelnen, klärungsbedürftigen Sachverhalt. Bis dahin besteht für andere eigentlich erledigte Sachverhalte keine Rechtssicherheit.
Durch § 202 Abs. 3 AO ist es nun möglich, schon vor Abschluss der Gesamtprüfung einen Teilprüfungsbericht zu erstellen. Auf dessen Basis kann ein Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO erlassen werden. So können einzelne Feststellungen vorzeitig formal abgeschlossen werden. Ein solcher Bescheid wird auf Antrag des Steuerpflichtigen erlassen werden, wenn dieser ein erhebliches Interesse daran glaubhaft machen kann.
Beachten Sie: Die neuen Vorschriften gelten für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Sie können aber auch auf frühere Zeiträume angewendet werden – vorausgesetzt, die Prüfungsanordnung wurde erst nach dem 31. Dezember 2024 bekannt gegeben.
RWTkompakt Ausgabe August 2025
Quellen: Gesetz zur Umsetzung der DAC 7-Richtlinie, BGBl I 2022, S. 2730