Wachstumschancengesetz: Regierungsentwurf liegt vor

Die Bundesregierung hat den Entwurf für das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“ vorgelegt.

Der Entwurf enthält auf 287 Seiten (!) zahlreiche (steuerliche) Änderungen. So soll eine Investitionsprämie eingeführt werden, die den Unternehmen den Transformationsprozess klimafreundlich zu wirtschaften erleichtern soll. Zur Förderung des Wohnungsbaus und zur Unterstützung der Bauwirtschaft wird eine degressive Abschreibung für Wohngebäude befristet eingeführt. Außerdem sollen die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter befristet wieder eingeführt und die steuerliche Forschungsförderung ausgeweitet werden. Sowohl der steuerliche Verlustabzug als auch die Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter werden verbessert. Des Weiteren sollen Schwellenwerte und Pauschalen angehoben werden.

Investitionen in den Klimaschutz

Durch das eigenständige „Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz“ soll die Transformation der Wirtschaft insbesondere in Richtung von mehr Klimaschutz gefördert werden – und zwar durch eine Investitionsprämie (im Koalitionsvertrag als „Superabschreibung“ bezeichnet).

Anspruchsberechtigt sollen Steuerpflichtige im Sinne des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes (EStG und KStG) sein, soweit sie steuerpflichtige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit erzielen und nicht von der Besteuerung befreit sind. Bei gewerblichen Personengesellschaften soll die Mitunternehmerschaft anspruchsberechtigt sein.

Begünstigt ist die Anschaffung oder Herstellung eines neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an einem bestehenden beweglichen abnutzbaren Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten), wenn das Wirtschaftsgut in einem Einsparkonzept enthalten ist, dazu dient, die Energieeffizienz zu verbessern und im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Beendigung der Maßnahme und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr (fast) ausschließlich im Betrieb des Steuerpflichtigen genutzt wird. Nicht begünstigt sollen Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung oder Fernwärme sein.

Die Investitionsprämie soll befristet gelten. Konkret steht im Entwurf: Die Investition ist begünstigt, wenn sie der Berechtigte nach dem 31. Dezember 2023 (frühestens Datum des Tages der Gesetzesverkündung) begonnen und vor dem 1. Januar 2030 abgeschlossen hat. Nach 2029 abgeschlossene Investitionen sind begünstigt, soweit vor dem 1. Januar 2030 Teilherstellungskosten entstanden sind oder Anzahlungen auf Anschaffungskosten geleistet werden.

Die Investitionsprämie kann nur beansprucht werden, wenn die förderfähigen Aufwendungen für die jeweilige Investition mindestens 5.000 Euro betragen. Die Bemessungsgrundlage bezieht sich auf die im Förderzeitraum insgesamt förderfähigen Aufwendungen und soll auf 200 Mio. Euro pro Anspruchsberechtigten für den gesamten Förderzeitraum begrenzt werden.

Die Investitionsprämie soll 15 % der beantragten Bemessungsgrundlage betragen. Bei einer maximal zulässigen Bemessungsgrundlage (200 Mio. Euro) kann die Prämie somit höchstens 30 Mio. Euro betragen.

Der elektronische Antrag auf Investitionsprämie soll unabhängig von der Steuererklärung beim Finanzamt gestellt werden können. Zu beachten ist, dass die Bemessungsgrundlage mindestens 10.000 Euro betragen muss und jeder Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 2024 und vor dem 1. Januar 2032 maximal vier Anträge stellen kann.

Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Investitionsprämienbescheids soll die Prämie aus den Einnahmen an Einkommensteuer (bei Steuerpflichtigen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes aus den Einnahmen an Körperschaftsteuer) ausgezahlt werden.

Die Investitionsprämie soll als erfolgsneutrale Einnahme behandelt werden. Bei Kapitalgesellschaften soll sie in der Gewinnrücklage erfasst werden.

Beachten Sie: Ab dem Zeitpunkt der Festsetzung der Investitionsprämie sollen Abschreibungen von den insoweit um die Investitionsprämie geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen sein. Folglich reduzieren sich die (gewinnmindernden) Abschreibungen in den Folgejahren.

Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz

Ein (weiteres) Kernelement des Entwurfs ist die Anpassung der Abgabenordnung (AO) und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) vom 10. August 2021, das am 1. Januar 2024 in Kraft tritt.

§ 14a AO soll eine Legaldefinition des Begriffs „Personenvereinigung“ enthalten. Soweit in der AO und den Steuergesetzen Personenvereinigungen genannt werden, soll es sich abweichend vom Zivilrecht wie bisher nur um Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit handeln. Unterschieden wird zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen.

Rechtsfähige Personenvereinigungen sind insbesondere Vereine ohne Rechtspersönlichkeit (§ 54 BGB), rechtsfähige Personengesellschaften einschließlich Gesellschaften (§ 705 BGB), Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften und Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (§ 9a WEG). Zu den nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen zählen insbesondere die Bruchteilsgemeinschaften (§ 741 BGB), die Gütergemeinschaften (§ 1415 BGB) und die Erbengemeinschaften (§ 2032 BGB).

Auch bei der Bekanntgabe und der Einspruchsbefugnis bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung soll zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen unterschieden werden. Bei rechtsfähigen Personenvereinigungen sollen die Bescheide nicht mehr gegenüber einem Empfangsbevollmächtigten, sondern gegenüber der rechtsfähigen Personenvereinigung bekannt gegeben werden.

Option zur Körperschaftsteuer

Nach § 1a KStG können Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften im ertragsteuerlichen Bereich wie Körperschaften behandelt werden.

Durch diverse Änderungen möchte die Bundesregierung die Option attraktiver machen. Beispielsweise sollen nunmehr alle Personengesellschaften zur Körperschaftsbesteuerung optieren können.

Rentenbesteuerung

Der steuerpflichtige Teil der Rente aus einer Basisversorgung beträgt bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher 50 %. Der Besteuerungsanteil wird für jeden neuen Rentnerjahrgang sukzessive erhöht. Bisher wären Renten ab 2040 (Jahr des Rentenbeginns) zu 100 % zu berücksichtigen.

Nun soll der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab 2023 auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert werden (für 2023 nur 82,5 % anstatt 83 %). 100 % gelten dann erstmals für 2058.

Weitere Änderungen in Kürze

Ab 2024 soll eine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gelten. Einnahmen im Sinne des § 21 Abs. 1 EStG sollen steuerfrei sein, wenn die Summe dieser Einnahmen im Veranlagungszeitraum insgesamt weniger als 1.000 Euro betragen hat. Die Einnahmen sollen aber auf Antrag steuerpflichtig bleiben, wenn die Ausgaben höher sind.

Geschenke an Geschäftspartner und Kunden sind nur dann steuermindernde Betriebsausgaben, wenn eine Grenze eingehalten wird. Diese soll ab 2024 von 35 Euro auf 50 Euro erhöht werden.

Die Grenze für eine Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern soll von derzeit 800 Euro auf 1.000 Euro erhöht werden. Für Sammelposten (Erhöhung der Grenze von 1.000 Euro auf 5.000 Euro) soll die Auflösungsdauer um zwei auf drei Jahre reduziert werden. Dies soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach 2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

Auch interessant: Anhebung der Sonderabschreibung (§ 7g EStG) für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Jahr vor der Investition nicht überschreiten, von 20 % auf 50 % der Investitionskosten für nach 2023 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter.

Verpflegungsmehraufwand: Anhebung der Pauschalen ab 2024 von 28 Euro auf 30 Euro und von 14 Euro auf 15 Euro.

Bei einer Betriebsveranstaltung liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung den Freibetrag von 110 Euro (ab 2024: 150 Euro) nicht übersteigt.

Die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte soll ab 2024 um 400 Euro auf 1.000 Euro erhöht werden.

Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Verlustrücktrag bereits auf zwei Jahre erweitert. Dieser soll um ein weiteres Jahr auf drei Jahre ausgedehnt werden. Darüber hinaus sollen die ab dem VZ 2020 auf 10 Mio. Euro bzw. auf 20 Mio. Euro (Ehegatten) angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag dauerhaft beibehalten werden.

Das Gesetz beinhaltet auch Änderungen bei der Umsatzsteuer, insbesondere die Einführung der Pflicht zur Erstellung elektronischer Rechnungen. Wir haben darüber bereits in der Ausgabe September berichtet.

Ebenfalls geplant:

  • Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter und befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude. Für Wohngebäude sollen ab dem ab 01.10.2023 sechs Jahre lang sechs Prozent der Investitionskosten von der Steuer abgeschrieben werden können. Dies soll ohne Obergrenzen und ab einem Effizienzstandard 55 gelten.
  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger und der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung.
  • Erhöhung des Schwellenwerts zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro.
  • Erhöhter Verrechnungssatz von 80% für Verlustvorträge in VZ 2024 bis 2027
  • Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) und der Zinsschranke.

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Ausgabe 10/2023