Jahressteuergesetz 2022: Neuregelungen durch den Bundestag verabschiedet

Der Bundestag hat das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 am 2. Dezember 2022 verabschiedet. Stimmt auch der Bundesrat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2022 zu (vergleiche hierzu den Hinweis am Ende des Beitrags), werden gerade bei der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer und der Erbschaft-/Schenkungsteuer viele Änderungen zu berücksichtigen sein. Wichtige Neuerungenwerden vorgestellt.

Rechnungsabgrenzungsposten

Für eine periodengerechte Gewinnermittlung müssen bilanzierende Unternehmen (z. B. eine GmbH) Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) bilden. Ein aktiver RAP ist anzusetzen, wenn Aufwendungen (zum Beispiel Miete) für das nächste Geschäftsjahr bereits im laufenden Jahr bezahlt wurden.

Durch das JStG 2022 sollen Bilanzierende nunmehr ein Wahlrecht nutzen können (§ 5 Abs. 5 S. 2 EStG): Danach kann der Ansatz eines RAP unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme den Betrag des § 6 Abs. 2 S. 1 EStG (= 800 Euro) nicht übersteigt. Das Wahlrecht soll erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2021 enden und ist einheitlich auszuüben.

Weitere Aspekte

Eine Neuregelung in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG soll klarstellen, dass die Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechts unabhängig davon bestehen kann, ob der Handelnde nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Unternehmer können daher auch nicht rechtsfähige Personengemeinschaften, wie beispielsweise Bruchteilsgemeinschaften sein.

Die lineare Gebäude-Abschreibung soll für neue Wohngebäude, die nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt werden, auf 3 % erhöht werden. Die Regelung, wonach die Abschreibung in Ausnahmefällen nach einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden kann, soll (im Gegensatz zum Regierungsentwurf) beibehalten werden.

Auch positiv: Prolongation der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG).

Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung

Bislang sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (zum Beispiel Miete und Strom) wie folgt abzugsfähig:

  • Bis zu 1.250 Euro jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
  • ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (beispielsweise, weil die Tätigkeit im Wohnzimmer ausgeübt wird) oder verzichtet der Steuerpflichtige auf einen Abzug der Aufwendungen, kann ein Abzug für die betrieblich oder beruflich veranlassten Aufwendungen in pauschaler Form erfolgen. Diese im Zuge der Coronapandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale beträgt derzeit 5 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige seine gesamte Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt; maximal aber 600 Euro im Kalenderjahr.

Der Abzug soll ab 2023 neu geregelt werden. Im Vergleich zur bisherigen Regelung und zum Regierungsentwurf für ein JStG 2022 sollen insbesondere folgende Aspekte geändert werden:

Soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sollen (abweichend vom Regierungsentwurf) die Aufwendungen auch dann abziehbar sein, wenn für die Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für Mittelpunktfälle sollen die Aufwendungen damit (wie bisher) in voller Höhe abziehbar bleiben. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen soll aber ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 Euro möglich sein. Bei dieser Jahrespauschale (Kürzung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen) handelt es sich um einen personenbezogenen Betrag, weil er sich am Höchstbetrag der Tagespauschale (ab 2023: Erhöhung von 5 Euro auf 6 Euro) orientiert und Steuerpflichtige mit einem häuslichen Arbeitszimmer nicht schlechter gestellt sein sollen als solche, die nur die Tagespauschale abziehen können.

Beachten Sie: Liegt der Mittelpunkt der Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, steht den Steuerpflichtigen aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sollen sie die Tagespauschale abziehen können.

Nach der Gesetzesbegründung muss somit künftig nur noch im „Mittelpunktfall“ der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein.

Liegen die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht im gesamten Kalenderjahr vor und wird die Jahrespauschale gekürzt („1/12“; vgl. oben), kann für diesen Kürzungszeitraum die Tagespauschale zu gewähren sein.

Die Tagespauschale in Höhe von 6 Euro soll auf einen jährlichen Höchstbetrag von 1.260 Euro gedeckelt werden (also maximal 210 Tage im Jahr).

Beachten Sie: Der Abzug der Tagespauschale ist neben dem Abzug von Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder regelmäßiger Arbeitsstätte nur zulässig, wenn für die Betätigung dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Ein Abzug ist zulässig, wenn zusätzlich zu einer Auswärtstätigkeit die überwiegende Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet wird.

Kleine Photovoltaikanlagen

Bei der Einkommensteuer gewährt die Finanzverwaltung für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW seit geraumer Zeit ein Wahlrecht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag des Steuerpflichtigen). Dieses Wahlrecht soll durch eine Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz (EStG)) ersetzt werden.

Bei der Steuerfreiheit der Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von PV-Anlagen sind gewisse Höchstgrenzen zu beachten, wobei hier auf die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister abgestellt wird. Vereinfacht sollen gelten:

  • 30 kW (peak) für auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandene PV-Anlagen und
  • 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit für auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandene PV-Anlagen.

Beachten Sie: Die Steuerbefreiung soll – unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage – für Einnahmen und Entnahmen gelten, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt oder getätigt werden. Im Vergleich zum Regierungsentwurf soll die Steuerfreiheit somit um ein Jahr vorgezogen werden.

Nach § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) soll für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern ein Steuersatz von 0 % (Nullsteuersatz) gelten, soweit

  • es sich um eine Leistung an den Betreiber der PV-Anlage handelt und
  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Diese Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt.

Sofern Betreiber von PV-Anlagen bei der Anschaffung der Anlage demzufolge nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, erübrigen sich auch etwaige Fragen zum Vorsteuerabzug.

Beachten Sie: § 12 Abs. 3 UStG soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Entscheidend ist hier die Leistungserbringung, also regelmäßig die Abnahme der Anlage.

Erbschaft-/Schenkungsteuer bei Übertragung von Immobilien

Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer drohen zumindest im Einzelfall höhere Werte. Der Grund: Die Regelungen der Grundbesitzbewertung sollen an die ImmoWertV vom 14. Juli 2021 (BGBl I 2021, S. 2805) angepasst werden (geplantes Inkrafttreten: Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022).

Kapitalvermögen: Der Sparer-Pauschbetrag soll ab 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro erhöht werden (bei Ehegatten von 1.602 Euro auf 2.000 Euro).

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll ab 2023 um 30 Euro auf 1.230 Euro erhöht werden.

Der in § 24b EStG geregelte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende soll um 252 Euro angehoben werden (2023 = 4.260 Euro).

Der bisher ab 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen soll auf 2023 vorgezogen werden.

Und auch hierauf ist hinzuweisen:

  • Ausbildungsfreibetrag: Anhebung ab 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro,
  • Klarstellung des Anwendungsbereichs des steuerfreien Corona-Pflegebonus nach § 3 Nr. 11b EStG,
  • Regeln zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Renten-/Versorgungsbeziehende.

Hinweis: Die unionsgeführten Länder wollen u. a. wegen der geplanten partiellen Besteuerung der Entlastungsbeträge aus dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz den Vermittlungsausschuss anrufen (FinMin Hessen, PM vom 5. Dezember 2022). Die zuvor vorgestellten Neuregelungen dürften indes unkritisch sein. Sofern sich hier und/oder bei dem Datum des Inkrafttretens noch Änderungen ergeben sollten, werden diese in der nächsten Ausgabe vorgestellt.

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Ausgabe 1/2023