Gewährleistungseinbehalt in der Bauwirtschaft: Uneinbringlichkeit auf Zeit (vorerst) weiter akzeptiert

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1a Umsatzsteuergesetz (UStG) entsteht die Umsatzsteuer für erbrachte Leistungen bereits im Zeitpunkt der Leistungsausführung (Sollbesteuerung). Der Unternehmer muss die Umsatzsteuer also bereits mit der Leistungserbringung abführen, auch wenn ihm das Entgelt erst später zufließt. Infolge der neueren Rechtsprechung war zuletzt fraglich, ob die Uneinbringlichkeit auf Zeit, die zu einer Steuerberichtigung berechtigt, hinsichtlich des Gewährleistungseinbehalts in der Bauwirtschaft erhalten bleibt. Doch hier kann zumindest vorerst Entwarnung gegeben werden.

Das (vorläufige) verwaltungsseitige Festhalten an der bisherigen Weisung ergibt sich aus einer Randnotiz: Denn das Bundesfinanzministerium hat das bisherige „Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2)“ neu aufgelegt – und dort findet sich im letzten Absatz des Gliederungspunkts IV. ein entsprechender, neu ins Merkblatt eingefügte Hinweis.

Neue Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof wollte die Uneinbringlichkeit auf Zeit eigentlich ausweiten. Insofern fragte er beim Europäischen Gerichtshof an, ob bei einer vom Leistenden erbrachten Grundstücksvermittlungsleistung angesichts der dort über fünf Jahre ratierlich mit jährlich 1/5 zu zahlenden Vergütung gleichfalls eine Uneinbringlichkeit auf Zeit und damit eine über fünf Jahre verteilte ratierliche Besteuerung angezeigt sei.

Der Vorstellung des Bundesfinanzhofs von einer ratierlichen Besteuerung bei Ratenzahlung erteilte der Europäische Gerichtshof jedoch eine deutliche Absage. Denn das Mehrwertsteuerrecht ist EU-weit auf dem Grundsatz der Sollbesteuerung aufgebaut, sodass für eine Systemumstellung die MwStSystRL geändert werden muss.

Auch Art. 64 MwStSystRL (ratierliche Besteuerung bei Teilleistungen) hilft hier nicht weiter. Denn diese Vorschrift betrifft nur sukzessiv in Teilschritten erbrachte Leistungen, nicht jedoch punktuell erbrachte Einmalleistungen, die ratierlich bezahlt werden.

In seiner Nachfolge-Entscheidung begnügte sich der Bundesfinanzhof mit der Wiedergabe der These des Europäischen Gerichtshofs und merkte in einer Nebenbemerkung an, dass es vorliegend (noch) keiner Entscheidung bedarf, welche Folgen sich daraus für Sicherungseinbehalte bei Bau-Gewährleistungsansprüchen und der insofern bislang angenommenen Uneinbringlichkeit auf Zeit ergeben.

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Ausgabe 08/2023