Praxishinweise zum Jahresende

Über die vom Gesetzgeber im Laufe des Jahres auf den Weg gebrachten Neuerungen und Änderungen haben wir Sie mehrfach informiert. So haben wir in unserer Oktober-Ausgabe schon über das Jahressteuergesetz berichtet. Zum Jahreswechsel erhalten Sie anbei zusammengefasst wichtige Änderungen.

1. Gültige Mehrwertsteuersätze 2020/2021
Bekanntermaßen wurden die Mehrwertsteuersätze zum 01.07.2020 von 19 % auf 16 % beim Regelsteuer- und von 7 % auf 5 % beim ermäßigten Steuersatz abgesenkt. Diese Umstellung hat viele Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt, zumal es viele Spezialregelungen gibt.

Zum Jahresende dürfen es Unternehmer keinesfalls verpassen, die abgesenkten Steuersätze von 16 % bzw. 5 % nach dem 31.12.2020 wieder rückgängig zu machen. Für Leistungen, die nach dem 31.12.2020 erbracht werden, müssen dann wieder 19 % bzw. 7 % berechnet werden. Das sollten Unternehmer auch entsprechend für Eingangsrechnungen im Rahmen des Vorsteuerabzugs beachten. Bei den korrekten Ausgangsrechnungen sind Besonderheiten zu beachten, welche sich wiederrum auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers auswirken.

Hinweis: Bitte beachten Sie auch den Kurzartikel zur Senkung des Umsatzsteuersatzes in dieser Ausgabe.

2. Zeitlich begrenzte Einführung der degressiven Absetzung für Abnutzung
Für in den Jahren 2020 und 2021 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde mithilfe des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes die Möglichkeit einer degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) wiederbelebt. Somit sind unter Umständen höhere Abschreibungen möglich, was zu niedrigeren steuerpflichtigen Einkommen führt.

Als bewegliche Wirtschaftsgüter gelten gegebenenfalls auch größere Produktionsanlagen. Bei Gebäuden hingegen scheidet die erhöhte Abschreibung aus. Bei der degressiven AfA erfolgt die prozentuale Minderung immer ausgehend vom Restbuchwert des Wirtschaftsguts, während bei der linearen AfA ein jährlich gleichbleibender Betrag als Aufwand berücksichtigt wird.

3. Erweiterte Möglichkeiten zum Verlustrücktrag
Durch den steuerlichen Verlustrücktrag ist es möglich, Verluste eines Jahres mit Gewinnen des Vorjahres zu verrechnen. Hierfür galt bislang ein Höchstbetrag von 1 Mio. Euro bei Einzelveranlagung und von 2 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung.

Für juristische Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften (z.B. GmbHs), galt ein Höchstbetrag von 1 Mio. Euro. Für Verluste des Jahres 2020 und 2021 wird die Höchstgrenze nun für die Einzelveranlagung und für juristische Personen auf 5 Mio. Euro angehoben und für die Zusammenveranlagung auf 10 Mio. Euro. Ab 2022 sollen dann für den Verlustrücktrag aus heutiger Sicht wieder die vorherigen Werte gelten.

Es ist also möglich, zum Beispiel Corona-bedingte Verluste mit Gewinnen der Vorjahre in einem erhöhten Maße auszugleichen. Wenn in den Vorjahren bereits Steuern gezahlt wurden, kommt es durch den Verlustrücktrag zu entsprechenden Erstattungen.

4. Steuerfreiheit für Corona-Bonus
Im Rahmen des Corona-Steuerhilfegesetzes wurde beschlossen, dass im Zeitraum zwischen dem 01.03.2020 und dem 31.12.2020 Sonderzahlungen an Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden können. Im Fokus stehen hier zwar vor allem Beschäftigte, die im Zuge der Corona-Krise zusätzlichen Belastungen ausgesetzt waren oder noch sind, etwa im Gesundheitsbereich oder im Einzelhandel. Die Gewährung der steuerfreien Sonderzahlung ist jedoch nicht von einer direkten Betroffenheit durch die Corona-Krise abhängig, gilt also für jeden Beschäftigten, egal welcher Branche. Über eine Verlängerung des Begünstigungszeitraumes bis zum 31.01.2021 hat der Gesetzgeber noch nicht abschließend entschieden (ggf. im Jahressteuergesetz 2020).

Hinweis: Wichtig ist, dass die Zahlung zusätzlich zum üblichen Arbeitslohn geleistet und der Grund für die Zahlung im Lohnkonto aufgezeichnet wird.

5. Verschärfung bei steuerfreien Arbeitgeberleistungen
Das Lohnsteuerrecht kennt einige Zuwendungen, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren kann (z.B. Fahrtkostenzuschüsse, Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Kinderbetreuung oder die Überlassung von E-Fahrrädern). Damit diese Zuwendungen steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben können, müssen sie „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gewährt werden. Die Finanzverwaltung vertritt dazu die Ansicht, dass eine Gehaltsumwandlung nicht das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllt. Man kann demnach nicht regulär versteuertes Gehalt in einen steuerfreien Bezug umwandeln. Der BFH hatte zwischenzeitig jedoch anders geurteilt.

Nachdem die Finanzämter die Rechtsprechung des BFH nicht angewendet haben, soll nun deren Ansicht im Rahmen des JStG 2020 zementiert werden. Nur echte Zusatzleistungen sollen demnach steuerfrei gewährt werden können. Die Leistung darf ausdrücklich nicht auf den Arbeitslohn angerechnet oder der Arbeitslohn deshalb herabgesetzt werden. Die Regelung soll rückwirkend für Lohnzahlungszeiträume anwendbar sein, die nach dem 31.12.2019 geendet haben. Auch „Gutscheinkarten“ können hiervon betroffen sein.

6. Verbesserte Gewerbesteueranrechnung
Die bei einem Gewerbebetrieb gezahlte Gewerbesteuer kann zumindest teilweise auf die Einkommensteuer des Unternehmers angerechnet werden. Ebenso ist dies bei der Einkommensteuer von Gesellschaftern gewerblich tätiger Personengesellschaften möglich. Die Regelung gilt allerdings nur für natürliche Personen, juristische Personen können die Anrechnung nicht nutzen.

Der Ermäßigungsfaktor betrug bis dato das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von mehr als 380 % war gegebenenfalls ein Teil der Gewerbesteuer nicht anrechenbar (Anrechnungsüberhang). Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes wurde der Anrechnungsfaktor nun auf 4,0 erhöht. Bis zu einem Hebesatz von 400 % können damit im Einzelfall Personenunternehmer vollständig von der Gewerbesteuer entlastet werden.

7. Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
Informationen zu bestimmten grenzüberschreitenden Steuergestaltungen waren 2020 spätestens bis zum 01.08.2020 elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Eine grenzüberschreitende Steuergestaltung liegt vor, wenn bestimmte detaillierte Kriterien (sog. Hallmarks) erfüllt sind.

Es kann sich zum Beispiel um Treuhandverhältnisse oder auch die Sitzverlegung in ein Niedrigsteuergebiet handeln. Die übersendeten Daten werden innerhalb der EU zwischen den Staaten ausgetauscht. Auf diese Weise sollen frühzeitig legale, aber unerwünschte Steuergestaltungen erkannt werden. Die Meldepflicht betrifft grundsätzlich sogenannte Intermediäre (z.B. Steuerberater, Rechtsanwälte, Banken), die an der Gestaltung mitgewirkt haben. Aber auch Steuerpflichtige können betroffen sein.

8. Bescheinigung zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung
Seit 2020 wird die energetische Sanierung von privatem Wohneigentum gemäß § 35c EStG steuerlich gefördert. Bei Einzelmaßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung sind 20 % der Aufwendungen (max. 40.000 Euro pro Wohnobjekt), verteilt über drei Jahre, steuerlich abzugsfähig. Auch die Beratung durch einen Energieberater ist zu 50 % abzugsfähig. Gefördert werden unter anderem Maßnahmen der Wärmedämmung, der Einbau neuer Fenster, der Einbau neuer Heizungsanlagen sowie digitale Maßnahmen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung. Die steuerliche Förderung kann allerdings nur in Anspruch genommen werden, wenn keine andere Art der Förderung in Anspruch genommen wird (z.B. über Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau).

Die Details zu den förderfähigen Maßnahmen sind in einer Verordnung geregelt. Die Maßnahmen müssen einen vorgeschriebenen energetischen Wirkungsgrad entfalten können und dürfen nur von Fachunternehmen durchgeführt werden. Zudem muss eine Bescheinigung des beauftragten Fachunternehmens vorliegen, mittels derer nachgewiesen werden soll, dass die Mindestanforderungen der Verordnung eingehalten worden sind.

Hierzu hat das BMF am 31.03.2020 eine Musterbescheinigung herausgegeben. Hierin sind Inhalt, Aufbau und die Reihenfolge der Angaben aufgeführt; die Handwerksbetriebe dürfen hiervon nicht abweichen. Zudem gibt es noch eine Musterbescheinigung für Energieberater und weitere ausstellungsberechtigte Personen. Die ausstellenden Firmen oder Personen dürfen die Bescheinigung auch auf elektronischem Weg verschicken. Grundsätzlich muss für jedes einzelne Objekt, an dem Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, eine Bescheinigung ausgefüllt werden.

Fehlt eine solche Bescheinigung oder ist sie fehlerhaft, kann die Steuervergünstigung für die energetische Sanierung komplett versagt werden.

9. Mehrwertsteuer-Digitalpaket ab 2021 - Ausdehnung des One-Stop-Shop-Prinzips
Im Rahmen des JStG 2020 sollen umsatzsteuerliche Regelungen auf EU-Ebene umgesetzt werden. Bisher können EU-Unternehmen, wenn sie bestimmte elektronische Dienstleistungen oder Fernsehübertragungen an Nichtunternehmer in EU-Mitgliedstaaten erbringen, eine dortige Registrierung vermeiden, indem sie die geschuldete Umsatzsteuer über das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren zentral in einem Mitgliedstaat erklären.

Dieses System soll auf sogenannte Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet ausgedehnt werden. Anstelle der je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Schwellenwerte wird eine einheitliche Geringfügigkeitsschwelle in Höhe von 10.000 Euro geführt.

Bei Überschreiten dieser Geringfügigkeitsschwelle kann eine Registrierung in anderen Mitgliedstaaten gegebenenfalls durch eine Meldung über den neuen One-Stop-Shop vermieden werden. Für Importeure aus Drittstaaten soll zudem beim Verkauf von Gegenständen mit einem Sachwert von bis zu 150 Euro ein neues Import-One-Stop-Shop-Verfahren eingeführt werden.

Die Regelungen sollen ab dem 01.07.2021 gelten.

10. Verpflichtung zur XRechnung
Die XRechnung ist ein elektronisches Dateiformat, durch das eine vollständig automatisierte Verarbeitung von Rechnungen in der Buchhaltung ermöglicht wird. Eine grundsätzliche Verpflichtung für die Versendung elektronischer Rechnungen im Format der XRechnung an Behörden besteht ab dem 27.11.2020. Zwingend ist dies für Rechnungen an Bundesbehörden vorgeschrieben; die einzelnen Bundesländer können abweichende Regelungen treffen. Ausgenommen davon sind Direktaufträge mit einem Auftragswert bis zu 1.000 Euro netto.

 

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