Ausblick auf die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung

Der „European Green Deal“ zählt zu den Top-Prioritäten der neuen EU-Kommission. Eine Vielzahl aktueller Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene stehen unter dem Zeichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Im April 2021 hat die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf zur Weiterentwicklung der gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR-Richtlinie) veröffentlicht. Der Entwurf sieht umfangreiche Änderungen der bisher geltenden Richtlinie („nichtfinanzielle Erklärung“) vor.

Von besonderer Bedeutung ist dabei die vorgesehene, deutliche Ausweitung der gesetzlichen Berichtspflichten auf alle großen Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften. Betroffen sind demnach Unternehmen die an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen zwei der drei nachfolgenden Kriterien überschreiten:

  • Bilanzsumme: 20 Mio. Euro
  • Jahresumsatz: 40 Mio. Euro
  • Arbeitnehmer: 250

Auch in der EU ansässige Tochtergesellschaften von Nicht-EU Unternehmen sollen der Berichtspflicht unterliegen. Eine Befreiung von der Veröffentlichungspflicht mittels Verweis auf den Konzernlagebericht des Nicht-EU Mutterunternehmens soll nach dem Entwurf der EU-Kommission nur möglich sein, wenn dieser Konzernlagebericht die von der EU geforderten Berichtsbestandteile enthält. Außerdem soll die erweiterte Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen Anwendung finden.

Die geplanten Neuregelungen werden für eine merkliche Gewichtsverlagerung in der Unternehmensberichterstattung im Lagebericht sorgen. Während bisher lediglich über den Geschäftsverlauf, die wirtschaftliche Lage und die Chancen-/Risikoposition eines Unternehmens berichtet wird, soll künftig eine (konsolidierte) Nachhaltigkeitsberichterstattung den (Konzern-)Lagebericht ergänzen. Insbesondere werden Informationen beispielsweise zu den nachfolgenden Faktoren eines Unternehmens einen deutlich größeren Raum einnehmen:

  • Umweltfaktoren (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Wassernutzung, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Minimierung der Umweltverschmutzung und Schutz von Biodiversität und Ökosystemen)
  • Sozialfaktoren (Gleichberechtigung, Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und Einhaltung demokratischer Prinzipien)
  • Governance-Faktoren (Rolle der Aufsichtsorgane, Geschäftsethik, Unternehmenskultur, Internes Kontroll- und Risikomanagementsystem, auch in Bezug auf den Berichterstattungsprozess)

Der vorliegende Entwurf sieht dabei sowohl quantitative als auch qualitative, vergangenheitsorientierte als auch zukunftsbezogene Sachverhalte vor. Welche konkreten Angaben künftig zu machen sind, wird derzeit von der sog. European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erarbeitet. So könnte beispielsweise der einheitliche, EU-weit geltende Rechnungslegungsstandard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung Angaben über den Stickoxid-Ausstoß oder Angaben über Umsätze mit klimaneutralen Produkten vorsehen.

Ergänzend zu der Ausweitung des Berichterstattungsumfangs führt der CSR-Richtlinienentwurf außerdem ein neues maschinenlesbares Format für Jahresabschluss und Lagebericht ein, um auf diese Weise Informationen für potentielle Investoren und Kreditgeber deutlich leichter vergleichbar zu machen (sog. „digital tagging“).

Die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung soll ferner der gesetzlichen Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer des Unternehmens unterliegen.

Entsprechend dem ambitionierten Zeitplan der EU-Kommission soll die überarbeitete CSR-Richtlinie noch im Kalenderjahr 2021, spätestens im Juni 2022 verabschiedet und zum 1. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Die neuen Regelungen sollen nach dem aktuellen Zeitplan für ab dem 1. Januar 2024 erstellte Unternehmensinformationen des Geschäftsjahres 2023 gelten.

Die RWT-Experten Michael Jetter und Alexander-David Greeb werden im Webinar am 7. Dezember 2021 umfassend zum aktuellen Stand der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung informieren.

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