Ertragsteuerliche Behandlung von virtuellen Währungen

Finanzgeschäfte und Investitionen werden längst nicht mehr nur zentral über Banken abgewickelt. Viele Anleger beschäftigen sich zunehmend mit Kryptowährungen wie z. B. Bitcoin oder Ether. Aufgrund rasant steigender Kurse ist der Kryptomarkt sehr attraktiv und erfreut sich insbesondere bei der jüngeren Generation großer Beliebtheit. Mit den insbesondere in 2021 entstehenden Gewinnen stellt sich natürlich die Frage, wie diese zu besteuern sind.

Generell ist zu unterscheiden, ob die virtuelle Währung im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen gehalten wird.

Kauf und Verkauf / Tausch

Privatvermögen

Erträge aus Veräußerungen von Einheiten einer virtuellen Währung sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Beträgt die Haltedauer der Währung nicht mehr als ein Jahr, ist die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen und folglich ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern und zwar zum persönlichen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen. Beträgt der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung allerdings mehr als ein Jahr, ist der Veräußerungsgewinn steuerfrei.

Besitzt ein Steuerpflichtiger mehrere Einheiten derselben virtuellen Währung und hat diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworben gilt grundsätzlich das Prinzip der Einzelbetrachtung. D. h. die individuellen Anschaffungszeiten und Kosten sind zu berücksichtigen. Alternativ kann aus Vereinfachungsgründen die First in First out (FiFo-) Methode angewendet werden.

Der Veräußerungsgewinn berechnet sich wie folgt:
Gewinn/Verlust = Veräußerungspreis – Anschaffungskosten – Werbungskosten

Anschaffungskosten: Aufwendungen für Erwerb (zum Marktkurs zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Bildung eines Durchschnittswerts aus den Wechselkursen von drei verschiedenen Handelsplattformen) inkl. Anschaffungsnebenkosten (z. B. beim Kauf gezahlte Transaktionsgebühren oder Beratungskosten)

Werbungskosten: alle, durch das Veräußerungsgeschäft veranlassten Aufwendungen (Transaktionsgebühren)

Die Freigrenze des § 23 Abs. 3 S. 5 EStG in Höhe von 600 Euro ist anzuwenden. Erreicht oder übersteigt der Gewinn diese Freigrenze, so ist der gesamte Gewinn dieses Kalenderjahres zu versteuern.

Verluste dürfen lediglich mit Einkünften derselben Einkunftsart, d. h. mit Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften desselben Kalenderjahres verrechnet werden. Nicht berücksichtigte Verluste dürfen nach § 10d EStG in das Vorjahr zurück- oder in folgende Jahre vorgetragen werden.

Es ist auch möglich virtuelle Währungen ineinander zu tauschen (z. B. Bitcoin in Ether). Jeder Tauschvorgang stellt ein Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang dar und ist somit analog zu obigen Ausführungen je nach Haltedauer entweder steuerpflichtig oder steuerfrei.

Betriebsvermögen

Im Betriebsvermögen stellt der Veräußerungsgewinn Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Grundsätzlich sind diese wie alle anderen betrieblichen Einnahmen steuerverhaftet, unabhängig von der Haltedauer. Der Veräußerungsgewinn unterliegt regulär der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer.

Realisierte Verluste dürfen uneingeschränkt mit den anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb verrechnet werden.

Zur Bilanzierung und Gewinnermittlung gilt Folgendes:
Ob die virtuelle Währung dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zugeordnet wird, hängt von der Verwendungsabsicht (längerfristige Investition oder mit Veräußerungsabsicht) ab. Werden die Währungen längerfristig gehalten (Aktivierung im Anlagevermögen) und erfahren diese eine voraussichtliche dauernde Wertminderung, so darf zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung eine Teilwertabschreibung auf den gesunkenen Marktwert vorgenommen werden.

Die Anschaffungskosten berechnen sich wie im Privatvermögen anhand des Marktkurses zum Zeitpunkt der Anschaffung oder durch die Bildung eines Durchschnittswerts aus den Wechselkursen von drei verschiedenen Handelsplattformen. Weitere Kosten, die im Zusammenhang mit der Anschaffung der Kryptowährung entstanden sind, wie zum Beispiel für Büro, Mitarbeiter, Fortbildung, Beratungskosten dürfen gemäß § 4 Abs. 4 EStG bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Lending und Staking

Beim Lending werden Einheiten einer virtuellen Währung vom „Kreditgeber“ auf einem „Sparkonto“ zur Benutzung für andere Personen („Kreditnehmer“) zur Verfügung gestellt. Dafür erhält der „Kreditgeber“ einen Block-Reward in der jeweiligen zur Verfügung gestellten Kryptowährung.

Analog erhält man beim Staking ebenfalls einen Reward. Hier werden die Einheiten allerdings als Sicherheit an die Blockchain gegeben.

Privatvermögen

Die erhaltenen Block-Rewards aus Lending oder Staking sind sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG. Die Einnahmen werden anhand des Marktkurses der jeweiligen Währung zum Zeitpunkt des Zuflusses berechnet. Gemäß § 22 Nr. 3 S. 2 EStG gilt eine Freigrenze für diese Einkünfte in Höhe von 256 Euro. Sofern erzielte Gewinne diese Freigrenze erreichen oder übersteigen, werden die gesamten Einkünfte aus Lending und Staking mit dem persönlichen Steuersatz des Steuerpflichtigen versteuert.

Betreibt ein Steuerpflichtiger Lending und Staking, wird die Kryptowährung zur Einkunftserzielung verwendet. Dadurch verlängert sich die Spekulationsfrist gemäß § 23 Abs. 1 S.1 Nr. 2 S. 4 EStG auf 10 Jahre. Das bedeutet, wenn die Währungseinheiten, mit denen Lending und Staking betrieben wurde, innerhalb von 10 Jahren nach der Anschaffung veräußert werden, ist der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig.

Betriebsvermögen

Die erhaltenen Rewards sind ebenfalls Betriebseinnahmen, die zum Marktkurs zu aktivieren und ganz normal zu versteuern sind. Werden virtuelle Einheiten, die zum Lending oder Staking verwendet wurden, verkauft, sind die bereits genannten Sachverhalte, die für den Verkauf von Kryptowährungen gelten, anzuwenden.

Weitere steuerliche Auswirkungen

Umsatzsteuer

Umsatzsteuerlich wird die Verwendung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel den klassischen Zahlungsmitteln gleichgestellt und ist somit nicht steuerbar.

Die Veräußerung und der Tausch sind im Umsatzsteuerrecht zwar steuerbar aber gem. § 4 Nr. 8 Buchst. b) UStG umsatzsteuerfrei.

Schenkungsteuer

Wird eine virtuelle Einheit verschenkt, unterliegt dieser Vorgang der Schenkungsteuer. Die Vorschriften des ErbStG finden hierbei Anwendung.

Erklärungspflichten

Es ist zu beachten, dass eine geschuldete Steuer auf die Einkünfte im Zusammenhang mit Kryptowährungen nicht automatisch an das Finanzamt abgeführt wird, wie das zum Beispiel meist bei Einkünften aus Kapitalvermögen der Fall ist. Die im Rahmen des Handels mit virtuellen Währungen im Privatvermögen entstehenden steuerpflichtigen Einkünfte sind im Rahmen einer jährlichen Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen anzugeben.

Diese Aspekte werden auch in einem Expertengespräch von Mitarbeitern der RWT ausführlich beleuchtet und ausgeführt. Sie finden eine Aufzeichnung des Expertengesprächs inklusive der von den Teilnehmern danach gestellten Fragen auf der Website von GoToWebinar: https://attendee.gotowebinar.com/recording/2688065555951920130

Mittlerweile hat auch das BMF ein Schreiben im Entwurf vorgelegt. Hier werden neben ertragsteuerlichen auch schenkungsteuerliche Fragen rund um Bitcoin und Co. erörtert.

zurück zur Ausgabenübersicht