Neue Abschreibungsregelungen für Computerhardware und Software

Den Kernbereich der Digitalisierung bilden die Computerhard- und Softwarekomponenten. Diese Wirtschaftsgüter unterliegen aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die Finanzverwaltung ändert mit dem BMF-Schreiben vom 26.02.2021 ihre Auffassung zur Nutzungsdauer von Computern und Software. Die bisher in der AfA-Tabelle enthaltene Nutzungsdauer für Computer wird von drei Jahren auf ein Jahr herabgesetzt.

Diese Anpassung der Nutzungsdauer soll nicht lediglich im betrieblichen Bereich gelten, sondern auch für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, entsprechend Anwendung finden.

I. Nutzungsdauer

Das BMF-Schreiben regelt, dass für die im zweiten Abschnitt des BMF-Schreibens aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden kann.

Die Formulierung stellt ein Wahlrecht dar, das in Anspruch genommen werden kann, allerdings keine Pflicht darstellt. Im Einzelfall kann eine längere Abschreibung sinnvoll sein.

II. Begriffsbestimmung

Der Begriff „Computerhardware“ umfasst:
• Computer, Desktop-Computer, Notebook-Computer,
• Desktop-Thin-Clients,
• (Mobile) Workstations,
• externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server),
• Dockingstations, externe Netzteile sowie Peripherie-Geräte.

Bitte beachten Sie, dass nicht alle Hardwarekomponenten begünstigt sind.

Die betroffenen Wirtschaftsgüter werden wie folgt definiert:

1. „Computer“
bezeichnet ein Gerät, das Logikoperationen ausführt und Daten verarbeitet, das in der Lage ist, Eingabegeräte zu nutzen und Informationen auf Anzeigegeräten auszugeben und das in der Regel eine Zentraleinheit (ZE) beinhaltet, die die Operationen ausführt. Ist keine ZE vorhanden, muss das Gerät als Client Gateway zu einem Computerserver fungieren, der als Computerverarbeitungseinheit dient.

2. „Desktop-Computer“
bezeichnet einen Computer, dessen Haupteinheit an einem festen Standort aufgestellt wird, der nicht als tragbares Gerät ausgelegt ist und der mit einem externen Anzeigegerät sowie externen Peripheriegeräten wie Tastatur und Maus genutzt wird. Bei einem „integrierten Desktop-Computer“ funktionieren der Computer und das Anzeigegerät als Einheit, deren Wechselstromversorgung über ein einziges Kabel erfolgt.

3. „Notebook-Computer“
bezeichnet einen Computer, der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Notebook-Computer verfügen über ein integriertes Anzeigegerät mit einer sichtbaren Bildschirmdiagonale von mindestens 22,86 cm (9 Zoll) und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Unterkategorien des Notebook-Computers sind unter anderem:
a. „Tablet-Computer“: eine Notebook-Computerart, die sowohl über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät als auch über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.
b. „Slate-Computer“: eine Notebook-Computerart, die über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät, nicht aber über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.
c. „Mobile-Thin-Client“: eine Notebook-Computerart, die eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z.B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und die über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt.

4. „Desktop-Thin-Client“
bezeichnet einen Computer, der eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z.B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und der über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt. Die Haupteinheit eines Desktop-Thin-Clients wird an einem festen Standort (z.B. auf einem Schreibtisch) aufgestellt und ist nicht als tragbares Gerät ausgelegt. Desktop-Thin-Clients können Informationen entweder auf einem externen oder, soweit vorhanden, auf einem eingebauten Anzeigegerät ausgeben.

5. „Workstation“
bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird.

6. „Mobile Workstation“
bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben mit Ausnahme von Spielen hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird, und der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Mobile Workstations haben ein integriertes Anzeigegerät und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Die meisten Mobile Workstations verfügen über ein externes Netzteil sowie eine integrierte Tastatur und ein integriertes Zeigegerät.

7. „Small-Scale-Server“
bezeichnet eine Computerart, die in der Regel Desktop-Computerkomponenten im Desktop-Geräteformat verwendet, jedoch in erster Linie als Speicherhost für andere Computer und zur Ausführung von Funktionen wie der Bereitstellung von Netzinfrastrukturdiensten und dem Daten-/Medien-Hosting bestimmt ist und
a. als Standgerät, Turmgerät oder in einem sonstigen Format ausgelegt ist, das dem Format von Desktop-Computern ähnelt, so dass alle Datenverarbeitungs-, Speicher- und Netzschnittstellenkomponenten in einem Gehäuse untergebracht sind;
b. die für den Betrieb 24/7 ausgelegt ist;
c. die in erster Linie für den Simultanbetrieb in einer Mehrbenutzer-Umgebung ausgelegt ist, in der mehrere Benutzer an vernetzten Client-Geräten arbeiten können;
d. die über ein Betriebssystem verfügt, das für Heimserver oder Serveranwendungen im unteren Leistungsbereich ausgelegt ist, sofern das Gerät mit einem Betriebssystem in Verkehr gebracht wird.

8. „Dockingstation“
bezeichnet ein separates Produkt, das an einen Computer angeschlossen wird und dazu dient, Funktionen wie z.B. die Erweiterung der Anschlussmöglichkeiten oder das Zusammenlegen von Anschlüssen für Peripheriegeräte zu übernehmen. Dockingstations können auch das Laden von internen Akkus im angeschlossenen Computer erleichtern.

9. „Externes Netzteil“
bezeichnet ein Gerät, das dafür konzipiert ist, Wechselstrom (AC) aus dem Stromnetz in Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) niedrigerer Spannung umzuwandeln; das die Umwandlung jeweils nur in eine Gleichstrom- oder eine Wechselstromausgangsspannung vornehmen kann; das zum Betrieb mit einem separaten Gerät - dem Primärverbraucher - bestimmt ist; das sich in einem vom Primärverbraucher physisch getrennten Gehäuse befindet; das über einen abnehmbaren oder fest verdrahteten elektrischen Anschluss mit Stecker und Kupplung, ein Kabel, eine Litze oder eine sonstige Verdrahtung mit dem Primärverbraucher verbunden ist und das über eine Ausgangsleistung laut Typenschild von höchstens 250 Watt verfügt.

10. „Peripherie-Geräte“
sind alle Geräte, die nach dem EVA-Prinzip (Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe) zur Ein- und Ausgabe von Daten genutzt werden. Peripherie-Geräte lassen sich funktional in drei Gruppen gliedern:
a. Eingabegeräte: Tastatur, Maus, Grafiktablett, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset, u.ä.
b. Externe Speicher: Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, Flash Speicher (USB-Stick), Bandlaufwerke (Streamer)
c. Ausgabegeräte: Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher und „Computer-Bildschirm“ oder auch Monitor oder Display (dient der Darstellung der Benutzeroberfläche und der Datenausgabe) sowie „Drucker“ (Geräte, die Computerdaten in graphischer Form auf Papier oder Folien bringen, Non-Impact-Drucker (anschlagfrei, Laserdrucker, Tintenstrahldrucker) und Impact-Drucker [Nadeldrucker]).

Der Begriff „Software“ im Sinne des BMF-Schreibens erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Dazu gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.

III. Anwendung

Die Regelungen finden erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31.12.2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde.

Hierbei handelt es sich nur um Regelungen des Bundesfinanzministeriums, die nicht in einem Gesetz festgehalten worden sind. Die Rechtsprechung ist deshalb nicht daran gebunden.

IV. Handelsbilanz

Des Weiteren stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich durch die neuen, steuerlichen Abschreibungsregelungen auf die Handelsbilanz ergeben. Handelsrechtlich sind die tatsächlichen Verhältnisse abzubilden. Nutzungsdauern sind vorrangig aus betrieblichen Erfahrungswerten abzuleiten. In Einzelfällen kann die handelsrechtliche Nutzungsdauer von angeschaffter Computerhardware oder Software ein Jahr betragen. Bei längeren Nutzungsdauern kann es jedoch zu Abweichungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz kommen, die für sich betrachtet zudem zu passiven latenten Steuern führen dürften.

Die neuen Abschreibungssätze können Investitionen in neue Hard- und Software erleichtern, jedoch ergeben sich einige praktische Umsetzungsthemen. Ihr RWT-Berater steht gerne für Rückfragen zur Verfügung.

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