Grundsteuerreform: Das müssen Sie ab 2022 beachten

Die Grundsteuer ist eine Steuerart, der üblicherweise keine große Beachtung geschenkt wird. Dabei trägt die Grundsteuer mit einem Aufkommen von zuletzt ca. 14,5 Mrd. Euro wesentlich zur Finanzierung der Städte und Gemeinden bei, denn diese dürfen die Hebesätze zur Grundsteuer festlegen und die Steuer erheben. Das Maß an Beachtung der Grundsteuer wird sich im Jahr 2022 deutlich verändern. Da ab dem Jahr 2025 die Grundsteuer nach neuem Recht erhoben wird, müssen im Jahr 2022 alle in Deutschland gelegenen Grundstücke neu bewertet werden.

Warum aber muss das Grundsteuerrecht geändert werden? Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte mit Urteil vom 10. April 2018 (1 BvL 11/14) das bislang geltende System der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer für verfassungswidrig. Grund waren nicht zu rechtfertigende, systembedingte Ungleichbehandlungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer und damit einhergehend eine Unvereinbarkeit dieser Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz).

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine Neuregelung der beanstandeten Systematik bis spätestens zum 31. Dezember 2019 aufgegeben. Dieser Pflicht ist der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Grundsteuerrechts und der Normen für die Bewertung für Zwecke der Grundsteuer im BewG nachgekommen. Daneben wurde den Bundesländern eine eigene Gesetzgebungskompetenz eingeräumt. Die Bundesländer sind somit berechtigt, das Grundsteuerrecht und die Bewertung für die im eigenen Landesgebiet liegenden Grundstücke selbst zu regeln.

Von dieser Möglichkeit hat unter anderem Baden-Württemberg Gebrauch gemacht und am 4. November 2020 das eigene Landesgrundsteuergesetz ausgefertigt. Weitere Bundesländer, die diese Möglichkeit bislang genutzt haben sind Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, das Saarland und Sachsen.

Das alte Recht darf aufgrund einer Fortgeltungsanordnung des BVerfG noch bis einschließlich 31. Dezember 2024 angewendet werden.

2-stufiges Verfahren in der Grundsteuer und Handlungsbedarf für Sie

Um die Grundsteuer zu ermitteln muss zunächst durch die örtlichen Finanzämter ein Steuermessbetrag ermittelt werden. Hierzu werden alle Eigentümer von inländischem Grundbesitz aufgefordert werden Feststellungserklärungen für Ihre Grundstücke beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Auf den sich hieraus ergebenden Steuermessbetrag wenden die Städte und Gemeinden dann ihren Grundsteuer-Hebesatz an. Das Ergebnis dieser Multiplikation ist die festzusetzende Grundsteuer.

Bewertung von Grundstücken nach dem Landesmodell Baden-Württemberg

Nach dem Landesmodell Baden-Württemberg (BW) ist für jedes Grundstück, das nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zählt, der Grundsteuerwert zu ermitteln. Maßgebend für die Ermittlung des Grundsteuerwertes nach dem Landesmodell BW ist der Bodenrichtwert. Dieser wird von den örtlichen Gutachterausschüssen festgelegt. Der Grundsteuerwert eines Grundstückes nach dem Landesmodell BW ergibt sich als Ergebnis der Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert. Auf eine Bebauung oder den Wert der Bebauung kommt es nicht mehr an.

Auf den Grundsteuerwert ist im Landesmodell eine sog. Messzahl von grundsätzlich 1,3 ‰ anzuwenden. Diese Messzahl kann unter bestimmten Voraussetzungen gemindert werden, z.B. ist für Grundstücke, die Wohnzwecken dienen, ein Abschlag von 30 % vorgesehen, wodurch sich die Messzahl auf 0,91 ‰ senkt. Allgemein lässt sich das Berechnungsschema des Landesmodells BW wie folgt darstellen:

Bodenrichtwert * Grundstücksfläche * Messzahl = Steuermessbetrag

Der sich nach Anwendung der Messzahl ergebende Steuermessbetrag ist Grundlage für die Städte und Gemeinden.

Quo vadis Grundsteueraufkommen?

Im Zuge der Gesetzgebung wurde immer wieder die Absicht erklärt, dass die Reform insgesamt möglichst aufkommensneutral gestaltet werden soll. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Grundsteueraufkommen insgesamt und im Einzelnen entwickeln wird. Erste Berechnungen zeigen, dass gerade in Gebieten mit hohen Bodenrichtwerten auch mit hohen Steuerwerten zu rechnen ist. Daher erscheint hier eine Reduzierung der derzeitigen Grundsteuer-Hebesätze notwendig um dem Ziel der Aufkommensneutralität Rechnung zu tragen.

Beispielberechnung für ein Grundstück in Baden-Württemberg:

Fläche 450 qm, Bodenrichtwert 800 Euro/qm, Hebesatz der Gemeinde 400 %, 
Steuermesszahl (neu) 1,3 ‰
Steuermesszahl (alt)    3,5 ‰
 

Grundsteuer C

Zudem darf in Baden-Württemberg und weiteren Bundesländern in Zukunft auf Entscheidungsbasis der jeweiligen Städte und Gemeinden eine Grundsteuer C erhoben werden. Der baden-württembergische Landtag hat dies für Baden-Württemberg am 22. Dezember 2021 entsprechend beschlossen. Es wird den Städten und Gemeinden hierdurch ermöglicht aus städtebaulichen Gründen für unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz zu regeln. Hierdurch erhofft man sich eine Förderung des Wohnungsbaus, da unbebaute Grundstücke durch die Grundsteuer C zukünftig höher besteuert werden. Es bleibt abzuwarten in welchem Umfang und mit welchem Erfolg die Städte und Gemeinden von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden.

Wertfortschreibung und Hauptfeststellungszeitpunkt

Es ist zu beachten, dass das Landesgrundsteuergesetz und auch die Bundesregelung neue Regeln für die Wertfortschreibung enthalten. So soll bei Wertänderungen über 15.000 Euro der wirtschaftlichen Einheit eine Neufestsetzung des Grundsteuerwertes erfolgen. Dies führt potentiell zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand, weil die Grundsteuerwerte aufgrund dieser Regelung ggf. laufend überwacht werden müssen. Reine Veränderungen des Bodenrichtwertes führen aber „nur“ zu den Hauptfeststellungszeitpunkten – alle 7 Jahre – zu einer Neufestsetzung des Grundstückswertes. Nächster Hauptfeststellungszeitpunkt wird demnach der 1. Januar 2029 sein.

Land- und forstwirtschaftliches Vermögen

Zu den speziellen Regelungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die in Baden-Württemberg nahezu dem Bundesmodell entsprechen, sprechen Sie gerne unsere Experten an.

Bundesmodell

Das Bundesmodell ist in den Bundesländern anzuwenden, die keine eigene Grundsteuerregelung getroffen haben. Für das Bundesmodell sind im Vergleich wesentlich mehr Informationen als nur die Fläche und der Bodenrichtwert nötig, um die Berechnung des Grundsteuerwertes durchzuführen. Zudem wird vorab zwischen zwei unterschiedlichen Verfahren unterschieden. Abhängig von der Gebäudeart und der vorliegenden Nutzung wird unterschieden zwischen dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren. So sind Einfamilienhäuser beispielsweise nach dem Ertragswertverfahren und Geschäftsgrundstücke nach dem Sachwertverfahren zu bewerten.

Kommen Sie auf uns zu, wenn Ihr Grundstück außerhalb Baden-Württembergs liegt und Sie Fragen zur Bewertung des Grundstücks für Grundsteuerzwecke haben.

Um die anstehende Reform reibungslos, transparent und ohne zeitlichen Verzug zu gewährleisten, hat die RWT sich frühzeitig um eine Softwarelösung bemüht. Wir sind vorbereitet und stehen Ihnen unterstützend zur Seite.

Gerne stehen Ihnen unsere Experten aus dem Kompetenzteam Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grundsteuer bei Fragen zur Verfügung.

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