Die Verwendung des Begriffs Webinar für Online-Seminare ist derzeit mit rechtlichen Risiken verbunden

In Zeiten des Corona-bedingten Abstandhaltens schießen Videokonferenzen sowie online durchgeführte Schulungen und Vorträge wie Pilze aus dem Boden, sind sie doch probate Mittel, um in Kontakt zu treten und zugleich physisch Distanz zu wahren. Online-Schulungen werden dabei gerne als „Webinare“ angeboten, schließlich bringt der leicht von der Zunge gehende Begriff des „Webinars“ auf den Punkt, worum es geht – nämlich um ein Seminar, das online, also über das (World Wide) Web, durchgeführt wird.

Problem: Der Begriff Webinar ist seit dem 2 Juli 2003 als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) für einen Herrn Mark Keller mit Anschrift in Kuala Lumpur (Malaysia) eingetragen; und zwar für mehrere Dienstleistungen, unter anderem auch für die Veranstaltung und Durchführung von Seminaren. Der Schutz für die Marke Webinar endet, Stand heute, am 31. März 2023; er kann jedoch zeitlich unbegrenzt verlängert werden – es sei denn, die Marke wird zuvor wegen Verfalls gelöscht.

Zwei Gründe lassen sich für eine Löschung der Marke Webinar wegen Verfalls ins Feld führen: Fehlende Unterscheidungskraft und keine rechtserhaltende Benutzung der Marke.

Zur fehlenden Unterscheidungskraft der Marke Webinar für die Veranstaltung und Durchführung von Seminaren: Unter Unterscheidungskraft versteht man die Eigenschaft einer Marke, sich von anderen Marken abzuheben. Keine Unterscheidungskraft weisen dagegen rein beschreibende Begriffe auf. Der Begriff Webinar mag im Jahr 2003 noch außergewöhnlich und überraschend und daher unterscheidungskräftig gewesen sein. Heute ist er es nicht mehr. Er beschreibt vielmehr nur, worum es bei der angebotenen Dienstleistung geht, nämlich um die Online-Durchführung von Seminaren. Inzwischen kann man den Begriff des Webinars sogar bereits im Duden finden, er hat also erfolgreich Einzug gefunden in den allgemeinen Sprachgebrauch. Da in Deutschland die Verwendung englischer Begriffe im Zusammenhang mit allem, was mit dem Internet zu tun hat, üblich und weit verbreitet ist, wird der Begriff Webinar auch nicht dadurch unterscheidungskräftig, dass er –  zumindest in seiner ersten Wortsilbe –  aus dem englischen Begriff für „Netz“ besteht.

Zur Nichtbenutzung der Marke Webinar: Glaubt man den vielen Wortmeldungen und Berichten der vergangenen Wochen, so wurde die Marke Webinar weder vom Markeninhaber noch von einem Lizenznehmer rechtserhaltend benutzt. Auch dies spricht dafür, dass die Marke Webinar reif für eine Löschung ist.

So überrascht es wenig, dass das Nachrichtenportal Golem.de am 7. Februar 2020 berichtete, dem DPMA lägen zurzeit mehrere Anträge auf Löschung der Marke Webinar vor.

Risiko: Dennoch ist bei der Verwendung des Begriffs Webinar Vorsicht geboten, solange die Marke Webinar nicht rechtkräftig gelöscht ist. Wenn es stimmt, was man gegenwärtig in verschiedenen Medien und Internetforen lesen kann, so wurden in letzter Zeit Veranstalter, die ihre Online-Schulungen als Webinare anbieten, vermehrt anwaltlich abgemahnt. Im Falle einer Abmahnung wegen der Verletzung von Markenrechten wird regelmäßig die Unterlassung der Verwendung des markenrechtsverletzenden Begriffs, die Erstattung von (nicht unerheblichen) Anwaltskosten für die Erstellung der Abmahnung und – zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen – Auskunft über die mit den angebotenen Dienstleistungen erzielten Gewinne geltend gemacht.

Empfehlung: Wer Online-Schulungen als „Webinare“ anbietet und deswegen abgemahnt wird, hat bei einer (notfalls gerichtlichen) Verteidigung gegen eine derartige Abmahnung durchaus gute Erfolgsaussichten. Bevor Sie etwaigen Forderungen auf Abgabe einer Unterlassungserklärung, Auskunft, Schadensersatz oder Erstattung von Anwaltskosten nachkommen, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. Wer sich auf das Risiko, abgemahnt zu werden, jedoch nicht einlassen will, sollte auf die Verwendung des Begriffs Webinar solange verzichten, bis die Marke Webinar rechtskräftig gelöscht ist.

 

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